Der Titel klingt im Deutschen schön doof, "a media center story" wäre eindeutig besser gewesen, aber das ist schließlich ein deutsches Blog. Na ja, aber worum geht's hier? Nach unserem Umzug gen Heimat habe ich mir einen lang ersehnten Wunsch erfüllt und das Wohnzimmer ziert jetzt ein chicer Mediacenter-PC, im Austausch gegen DVD-Player, CD-Player und Tape-Deck. Nach meiner Begeisterung für das Gerät und das Setup, möchte ich beides hier kurz vorstellen.
Zunächst gilt mein Dank insbesondere Jakob und Garvin, die mir mit kompetenten Empfehlungen und technischem Support zur Seite standen.
Ein Mediacenter soll möglichst alle weiteren, an den Fernseher angeschlossenen, Geräte ersetzen. Dabei soll es klein, nicht unbedingt hässlich - wer will schon einen fetten grauen Tower im Wohnzimmer stehen haben? - stromsparend, leistungsstark und günstig sein. Meine dazu kommenden persönlichen Anforderungen beziehen sich eher auf die betriebene Software, wobei die Hardware natürlich in der Lage sein soll die notwendige Leistung bereit zu stellen.
Filme, Serien und Musik sollen durchstöbert und abgespielt werden können. Nicht nur von der lokalen Platte, sondern auch von DVDs, externen Platten und aus dem Heimnetzwerk. Außerdem sollen die lokalen Mediadaten auch im lokalen Netz verfügbar sein, man will ja schließlich auch mal in der Küche Musik hören, was mit einem Notebook dann recht einfach ist. Da wir keinen Fernseh-Anschluss nutzen - wer will schon stumpfsinnige Talkshows und Soaps unterbrochen von fast noch idiotischerer Werbung sehen? - sind mir Aufnahmefunktionen weniger wichtig, Streaming aus dem Netz und potentieller Youtube-Support aber um so mehr.
Die Auswahl der Hardware war recht einfach. Ein Atom-Prozessor sollte es sein, da diese Sorte von Intel-Prozessoren als sehr stromsparend gilt und dennoch einiges an Leistung bringen. Schließlich kommen diese kleinen Chips auch häufig in Netbooks zum Einsatz. Dennoch reicht ein einzelner Atom nur schwerlich aus um HD-Content zu dekodieren und darzustellen. Auf Empfehlung musste es also die Nvidia ION Plattform sein, die bereits den Atom einschließt, daneben aber noch jede Menge Graphik-Schnickschnack um den kleinen Prozessor zu entlasten, u.a. um HD-Inhalte zu dekodieren und zu rendern.
Auf Basis dieser Überlegungen stehen zum aktuellen Zeitpunkt nur 2 Produkte zur Auswahl:
Beide Produkte basieren auf Nvidia ION, sind klein, nicht sonderlich hässlich und bringen - nach Erfahrungsberichten - alles mit was man so braucht. Dabei wurde mir von lärmempfindlicher Seite zugetragen, dass der Revo leiser sei als das ASRock-Modell. Letzteres bringt jedoch ein DVD-Laufwerk (oder gegen Aufpreis Blu-ray) mit, dafür ist das Modell von Acer kleiner.
Meine Wahl fiel aus diesem Grund auf den ASRock ION 330: Ein DVD-Laufwerk ist für mich essentiell und ich habe wenig Lust immer einen anderen Rechner im Haus zu booten um dort die DVD einzulegen und über das Netzwerk zu streamen, auch wenn man mir versicherte dass es geht. Außerdem gibt es den ASRock in hochglanz schwarz, was sich gar hervorragend in unsere Wohnzimmer-Optik einfügt. ;)
Der ASRock ION 330 basiert, wie schon erwähnt, auf Nvidia ION. Er wird von zwei 1.6 GHz Atom-Kernen betrieben, kommt per Default mit 2 GB RAM und einer 320 GB fassenden Platte. Damit ist der kleine Rechner gut genug bestückt um nicht nur das Mediacenter zu betreiben, sondern nebenbei auch noch weitere Aufgaben im Hintergrund zu erfüllen. Er ersetzt mittlerweile völlig meinen früheren Heim-Server.
Neben dem von mir genutzten HDMI-Ausgang bringt der ASRock verschiedenen andere Graphik-Ausgänge mit, sowie 6 USB-Anschlüsse und ein mal Gigabit-LAN. Die genaue Spezifikation findet sich auf der ASRock-Seite und ist auch nicht weiter sooo spannend.
Die Größe des Rechners konnte ich mir vor dem Kauf nicht wirklich vorstellen, beim Auspacken war ich also überrascht, wie klein er ist. Die Grundfläche entspricht nicht ganz 1,5 CD-Hüllen und er ist flacher als eine aufrecht-stehende Zigarettenschachtel. Das Gehäuse ist aus Metall und, wie schon erwähnt, hochglanz schwarz gehalten. Auch in hochglanz weiss ist es erhältlich.
Unter Vollast, die im Normalbetrieb nie erreicht wird, hört man mit guten Ohren ein ganz leises Rauschen des Lüfters. Da der kleine Media-Profi aber im Betrieb normalerweise Ton wiedergibt, habe ich dieses Rauschen bisher nur ein mal zu hören bekommen: Während der Einrichtung. Sonst hört man einfach nichts und das während der Rechner nahezu konstant läuft. Auch das DVD-Laufwerk gibt so gut wie keine Geräusche von sich, ebenso wie die Platte und sonstige Komponenten.
Natürlich braucht man noch eine Fernbedienung, man will ja nicht ständig per SSH oder Web-Interface des Mediacenters die Steuerung übernehmen. Hier eignen sich, glaubt man dem Netz, so einige Universal-Fernbedienungen mit entsprechendem Infrarot-Empfänger am Rechner, sowie spezielle Media-Fernbedienungen für genau solche Zwecke. Wer es allerdings richtig komfortabel haben will, dem sei, trotz nicht unwesentlicher Kosten, die diNovo Mini von Logitech ans Herz gelegt.
Dieses kleine Bluetooth-Spielzeug bringt eine komplette QWERTZ-Tastatur mit, sowie ein Steuerkreuz das wahlweise auch als Touchpad fungiert. Auch spezielle Media-Keys zur Lautstärken- und Abspiel-Regelung sind mit an Board. Damit braucht man noch nicht mal zur Einrichtung des Rechners eine normale Tastatur anschließen, denn via USB erkennt der Rechner die Tastatur bereits beim Booten und selbst das BIOS lässt sich bedienen. Im Normalbetrieb bringen die mit Shortcuts belegten QWERTZ-Tasten viel Komfort und gerade beim Suchen in der Umfangreichen MP3-Sammlung sind sie Gold wert.
Ein weiterer Vorteil der Bluetooth-Lösung ist, dass die Fernbedienung keinen Sichtkontakt zum ASRock benötigt und man auch mal aus anderen Bereichen der Wohnung die Lautstärke korrigieren oder ein Lied weiter schalten kann.
Einziges Problem bei der Einrichtung waren dei fehlenden F-Tasten, denn wie wechselt man sonst vom X in eine Konsole, falls es denn nötig ist? Na ja, mann schießt die xorg.conf absichtlich kaputt und startet neu. Nur als kleiner Tipp am Rande. ;)
Als Linux-Purist sollte mein Mediacenter natürlich nicht mit Windoof oder sonst-was laufen, auch wenn dies theoretisch möglich ist, so hört man. Allerdings ist mein letzter Stand, dass nicht alle Vorteile der ION-Plattform von den Windoof-Treibern unterstützt werden. Ein Grund mehr für ein solides Ubuntu.
Karmic Koala lässt sich ohne Umstände auf dem ASRock installieren. CD-Einlegen, Sprache auswählen, ein paar mal mit dem Touchpad der diNovo Weiter klicken und der Rechner rödelt 20 Minuten. Danach sieht man sich der gewohnten Gnome-Umgebung gegenüber. Die Bildschirmausgabe über HDMI läuft ebenfalls out-of-the-box schon beim booten des BIOS und ein paar Klicks in den Gnome-Audio-Einstellungen bringen auch den Sound über HDMI ohne jegliche Probleme an den Fernseher.
Empfehlenswert ist es, direkt an dieser Stelle die entsprechenden Non-Free-Pakete zur Unterstützung verschiedener Codecs und Formaten wie Flash zu installieren. Auch eine bestimmte DVD-Bibliothek und viele weiteren Pakete mit DVD im Namen sind empfehlenswert um Problemen mit DVDs von Beginn an entgegen zu wirken. Danach fehlt nur noch die Mediacenter-Software.
Die Wahl der Software viel mir nicht wesentlich schwer. Alle Stimmen in meinem Kopf und auch außerhalb flüsterten: Du willst XBMC haben. XBMC - das XBox MediaCenter - ist ursprünglich für die XBox entwickelt worden, läuft aber auch ausgezeichnet unter Linux und - wie die Spatzen pfeifen - Windoof.
Ubuntu bietet von Hause aus XBMC in stabiler Version an, der Upgrade-Policy wegen möchte man aber die XBMC-PPA zu seinen Paket-Quellen hinzufügen. Hier erhält man Nightly-Builds des aktuellen SVN-Standes. Ab und an kämpft man so zwar mit kleineren Bugs, im Notfall bringt aber ein Downgrade auf das vorhergehende Build Abhilfe.
XBMC bietet per Default eine komplette per Fernbedienung (aka Steuerkreuz) bedienbare Oberfläche für Audio und Video. Dabei stellt sich die Software nicht dumm an im Erkennen der Dateien, die sowohl lokal als auch via Samba-, NFS- oder SSH-Share irgendwo im Netz liegen können, und liest auch Meta-Informationen. Hervorragend finde ich die Funktion dass zu Filmen und Serien, bei halbwegs sinniger Benamung der Files, auch direkt eine Kategorisierung stattfindet und Zusatz-Infos aus verschiedenen Quellen bezogen werden.
So wird zu einem Film direkt das DVD-Cover oder auf Wunsch das Kino-Plakat angezeigt und als Thumbnail verwendet, auch Informationen über Besetzung, Erscheinungsdatum und Plot können direkt im Mediacenter begutachtet werden. Serien-Staffeln werden ebenfalls automatisch korrekt geordnet, Meta-Informationen zu den Serien dargestellt und jede Folge mit einem kleinen, sprechenden Szenen-Bild als Thumbnail versehen.
Bei Musik-Dateien liest XBMC natürlich die Meta-Informationen aus den ID3-Tags. Eine entsprechend gut getaggte Sammlung vorausgesetzt kann man so nach Interpreten, Alben, Genres und Jahren in seinem Musik-Fundus stöbern. Die Suche erlaubt es auch in größeren Sammlungen komfortabel zu navigieren. Hier spielt die diNovo Mini ihr ganzes Potential aus. Ein paar OpenGL-Animationen sind natürlich auf Wunsch beim Abspielen von Musik auch mit von der Partie.
XBMC konnte bisher keines der bei mir vorhandenen Media-Formate nicht abspielen. Das Skalieren von niedrig aufgelöstem Content auf das von meinem Fernseher unterstützten HD-Ready-Format (ja, ich bin nicht der HD-Junkie) funktioniert exzellent und Meilen besser als der Fernseher oder ein intelligenter DVD-Player dies könnte.
Als Vergleich habe ich hier Simpsons, der Film auf DVD herangezogen, den ich zunächst mit meinem alten DVD-Player abspielen lies und dann im Vergleich nochmal von XBMC. Der Unterschied ist frappierend. Während im ersten Versuch, wohl bedingt durch die klaren Linien in Zeichentrickfilmen, deutlich Klötzchen sichtbar waren, konnte ich in der zweiten Variante keinen Unterschied zu nativem HD-Content erkennen. Dies funktioniert übrigens auch hervorragend mit DivX-kodierten Inhalten in niedriger Auflösung. Neben er Skalierung kann XBMC hier auch direkt glätten und so Artefakte im Video recht ansprechend korrigieren.
Neben diesen Standard-Funktionen eines Mediacenters ist es auch nicht schwer Streams aus dem Netz abzuspielen. Standardmäßig wird Shoutcast als Quelle angeboten. Die hier vertretenen Streams kann man nach Musik-Genre durchsuchen und anhören, außerdem als Favoriten abspeichern. Auch weitere Streams sind problemlos einbindbar, allerdings muss man hierzu etwas Hand anlegen: XBMC erkennt Playlisten in verschiedenen Formaten, so dass man einfach eine Text-Datei mit der Stream-URL (oder auch mehreren Alternativen) anlegt und diese ins XBMC importiert. Per SSH geht dies sogar ohne das Mediacenter zu schließen. Per diNovo Mini natürlich auch einfach per Gedit ohne SSH.
Letztendlich kann man XBMC mit Plugins und Scripts erweitern, was ich aber bisher nicht genutzt habe. Die aktuelle Wetter-Vorhersage bringt das System von Hause aus mit und zeigt diese auf dem Start-Bildschirm mit an. Was will man mehr? Über Skins lässt sich das Look-and-Feel der Plattform ändern, wobei das neue Standard-Skin der 9.11-Version schon echt sexy ist. Daneben kann man eigene Hintergrund-Bilder einbinden, aber auch das befand ich bisher nicht für notwendig.
Für mich ist die Kombination aus ASRock ION 330, diNovo Mini, Ubuntu und XBMC die optimale Lösung. Ein Leben ohne das kleine Kästchen neben dem Fernseher könnte ich mir nicht mehr vorstellen. Die Bedienung ist kinderleicht, die Darstellung von Medien und Meta-Informationen hervorragend gelöst und chic ist das ganze auch noch. Die Kosten halten sich, trotz teurer Tastatur, absolut in Grenzen. Bei meinem Kauf bezahlte ich Rund 250,- € für den HTPC, 100,- € für die Tastatur. Durch kostenloses Betriebssystem und Mediacenter ist die All-in-One-Lösung mit 350,- € abgerechnet. Summiert man die Neuanschaffungskosten der ersetzten Geräte auf und addiert den gewonnenen Komfort, ist das ganze Setup schon nahezu spott-billig.
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Eine Info, ob die Hardware reicht, um 1080p x264-Rips abzuspielen, wäre noch sehr nützlich.
Link to commentJa, vollkommen ausreichend.
Link to commentInteressanter Artikel. Habe mir meinen HTPC selbst zusammengebaut. Karmic kann ich wegen Problemen mit den Grafiktreibern für die ATI-Karte leider (noch) nicht nutzen, aber da das geniale XBMC super unter Windows läuft bin ich ebenfalls rundum glücklich mit dem System. Erst durch diese Software macht so ein System wirklich Spaß, da komplett alles mit der Fernbedienung steuerbar ist. Auch die von dir angesprochenen Scraper sind super, wobei es für deutsche Serien scheinbar noch keinen Scraper bzw. Website gibt. XBMC spielt auch (Video)-Podcasts ab. Fernsehen wird so mehr und mehr unabhängig von Sendezeiten.
Link to commentDie Scraper sind von der Idee her echt cool, aber das Interface für neue Umsetzungen sind echt ka**e. Aber na ja, kein Tool ist perfekt. ;)
Link to commentMedia center makes the place more tidy with less wires. I always prefer the media center. You have described the set up and executing of the media center in an interesting way. I never thought of this when I did it for my own.
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MP3s taggen mit Köpfchen
Über die Feiertage ging ich endlich mal ein Projekt an, dass mir seid mittlerweile 8 Jahren auf der Seele brannte: Die liebe MP3-Sammlung mal anständig taggen. Denn ohne ordentliche Meta-Informationen bringt das beste Mediacenter nichts. Und ich kann sagen, durch jahrelanges, händisches einverleiben von CDs, Online-Kauf von Musik und mehr, sah meine Sammlung aus wie Kraut und Rüben. Der Tagger Picard des Musicbrainz-Projektes hat geholfen.