Obwohl ich Ich darf das, ich bin Jude leider noch nicht durch habe, möchte ich an dieser Stelle doch, wie versprochen meine Eindrücke vom 1ive-Klubbing und insbesondere von dem Buch zusammenfassen.
Da waren wir nun kurz vor knapp angekommen, im Dortmunder Domicil, zu 1ive-Klubbing, mit einer Lesung von Oliver Polak. Bisher kannte ich ja Klubbing nur aus dem Radio. Dort hört man immer von der kuscheligen Atmosphäre. Kann ich nun bestätigen. Der Raum fasste allerhöchstens 40 Leute, von denen gut 45 schon da waren. Gemütliche Sessel, drapiert um kleine Runde Tische, ein kleiner Absatz mit DJ-Pult und passend für Moderator und Gast ebenfalls zwei Sesseln. Ach ja, die riesen Funkuhr und etwas Radio-Equipment nicht zu vergessen.
In lockerer Atmosphäre hörten wir nun Oliver Polak zu, wie er Auszüge aus seinem ersten Buch Ich darf das, ich bin Jude verlas. Nur die Musik war echt kacke nicht ganz mein Ding. Könnte man vielleicht mal über ein Rock-Klubbing nachdenken?
Dem interessanten Abend folgend, haben Jenny und ich dann auch direkt je ein Exemplar des Buches erstanden und uns natürlich an Ort und Stelle signieren lassen. Leider hatte der Autor eher Augen und Ohren für Jenny, so dass er sich bei Ihrem Namen extra noch die Schreibweise bestätigen lies, mein "Toby, bitte auch mit 'y'" jedoch gekonnt ignorierte.
Wie auch immer, das Buch finde ich trotzdem lesenswert.
Der Titel Ich darf das, ich bin Jude lässt ja schon einige Erwartungen aufkommen und die Ankündigung bei 1ive verstärkte diese nicht unwesentlich.
Humor über die Geschehnisse im Dritten Reich ist in Deutschland ja immer noch eine heikle Sache. Ich bin jetzt nicht gerade der Typ, dem ein Witz in dieser Richtung die Schamesröte ins Gesicht treibt, aber einen wirklich lockeren Umgang mit dem Thema haben — glaube ich — auch heute nur die wenigsten Deutschen. Oliver Polak, Deutscher und Jude, schon:
Bitte lesen Sie dieses Buch nicht aus schlechtem Gewissen oder politischer Korrektheit. Das wäre mir nicht recht. Kaufen Sie für diesen Zweck lieber ein zweites Exemplar, das wäre in Ordnung.
Lassen Sie uns ganz unverkrampft miteinander umgehen. Ich meine: Wie lange ist diese dumme Geschichte jetzt her? Über 60 Jahre, oder? Treffen wir doch für die Dauer der Lektüre folgende Vereinbarung: Ich vergesse die Sache mit dem Holocaust - und Sie verzeihen uns Michel Friedmann.
Von vergessen kann zwar keine Rede sein, aber Polak schafft es tatsächlich unverkrampft darüber zu schreiben. Es erwarten einen allerdings zum Glück keine alten Kamellen aus den 1940er. Der Autor lässt viel mehr immer mal wieder kleinere und größere Spitzen fallen und schafft es, ein modernes Bild auf den Holokaust, Neonazis und versteckten Fremdenhass zu werfen, wie ich es bisher nicht kannte. Dabei wirkt Polak stehts sympatisch.
Alles in allem wirkt Ich darf das, ich bin Jude autobiographisch, auch wenn man nie so ganz weiss, ob eine bestimmte Begebenheit nun wirklich passiert ist oder vom Autor dazu gedichtet wurde. Das ist oft aber auch ganz gut so. ;)
Wirklich interessant ist die Weltsicht, die Polak beschreibt. Als einziges jüdisches Kind und einer von 3 Juden im emsländischen Papenburg, berichtet Polak von seinen eigenen Erfahrungen mit der eigenen Kultur und der ihn umgebenden Christlichen.
Ich fand mich also plötzlich im katholischen Kindergarten an der Wichernstraße wieder. Eine interessante Kombination: Ein jüdisches Kleinkind in einem katholischen Kindergarten, der in einer Straße liegt, die nach einem evangelischen Theologen benannt wurde!
Und so erfährt man in der ersten Hälfte des Buches (soweit bin ich bisher), was ein Kind / Jugendlicher denn so erlebt, als einziger seiner Kultur unter vielen anderen. Die Sicht eines jungen Juden auf die christliche Kultur ist herrlich zu lesen. Auch schafft es der Autor, Judentum, Christentum und Moslems gleichermaßen durchweg köstlich zu veralbern.
Als Beispiel sei hier Polaks Sicht auf Weihnachten aufgegriffen:
Ich dachte lange Jahre, der Paketbote sei der Azubi vom Weihnachtsmann. Und Jesus der Juniorchef von UPS.
[...]
Da gab es zum Beispiel den Weihnachtsmann, der für mich identische mit dem Nikolaus, allerdings erst rund 20 Tage später dran war. Und der Nikolaus hatte noch so einen Gothic-Typen namens "Knecht Ruprecht" dabei. Erst Jahre später, beim "Christopher Street Day" in Köln, wurde mir klar, wie die Beziehung der beiden gewesen sein könnte.
[...]
Coca Cola kreierte den Weihnachtsmann, meine Mutter kreierte den Chanukkamann.
Rundum freue ich mich jedes mal, wenn ich die Zeit finde, mal wieder ein paar Seiten zu lesen und konnte es mir des öfteren schon nicht verkneifen, lauthals los zu lachen. Gut, dass ich kein Bahn-Fahrer bin. ;)
Titel | Ich darf das, ich bin Jude |
Autor | |
Umfang | 186 Seiten |
Verlag | Kiepenheuer & Witsch |
ISBN | 978-3462040500 |
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Peter
Oliver wird übrigens am 10. Oktober 09 im Admiralspalast mit einigen hochkarätigen Gästen auftreten. Mehr Infos gibts hier:
Link to commenthttp://admiralspalast.de/event.aspx?eventId=1328
OmniTech Support Ripoff
I took this book, Oliver Polak from the library last week. I didn’t get a chance to read the book. I was searching for a review for the book before starting to read it. I think it’s a good book from your reviews.
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